YOU CAN LEAVE YOUR HEAD ON – Seelenwanderung asiatischer Ethnien

Dauer: Von April bis Dezember 2020

Leben und Tod, der ewige Kreislauf des Vergänglichen als Voraussetzung für etwas Neues, ist in vielen Gesellschaften ein Tabu. Es gibt aber Volksgruppen, in welchen der Tod seit Generationen ein ständiger und selbstverständlicher Bestandteil des Lebens und des Alltags war und immer noch ist. Die Stiftung IFICAH widmet sich in ihrem aktuellen Projekt exemplarisch sechs dieser Volksgruppen in Asien, von Ostindien über Indonesien bis zu den Philippinen und Taiwan. All diesen Gruppen ist gemein, dass sie zu den Ethnien der sogenannten Kopfjäger zugeordnet werden und somit eine sehr direkte und gesellschaftliche Bindung des Nehmens und Gebens sprichwörtlich handhabten. Von Kolonialmächten und Missionaren oft falsch dargestellt, wurden die historischen und kulturellen Hintergründe dieser Ethnien von IFICAH neutral überarbeitet. Im Museum für Asiatische Kultur werden die Ergebnisse anhand der umfangreichen Präsentation von bislang nicht veröffentlichten Objekten einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

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Adel Verpflichtet – Die Samurai und die schönen Künste Japans

Dauer: Von November 2018 bis September 2019

Die Samurai. Eine vor allem auch durch Hollywood verklärte Gesellschaftsschicht im historischen Japan. Die Stiftung IFICAH präsentiert in ihrem Museum für Asiatische Kultur eine Ausstellung, welche anhand der gezeigten Objekte die Geschichte der Samurai in ein Licht rückt, das den meisten Besuchern wohl unbekannt sein dürfte. Der Mythos vom starken Krieger wird erweitert durch Einblicke in die japanische Kultur, welche sich ohne den Einfluss der damaligen Adelsschicht nicht in dieser Ausprägung hätte entwickeln können.

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Die Verwandtschaft im Nacken

Dauer: Von Februar bis Oktober 2018

Von Februar bis Oktober 2018 können Sie im IFICAH Museum für Asiatische Kultur den Ahnenkult und die Klingenkunst der Batak auf Nord-Sumatra kennenlernen. Wir haben die Ausstellung mit „Die Verwandtschaft im Nacken“ betitelt. Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich von der Kunst der Batak beeindrucken!

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Die Ästhetik der japanischen Teezeremonie

Dauer: bis Ende September 2017

Ein Stück japanischer Seele …

2005, Kyoto, Altstadt. Ich bin unterwegs mit meinem japanischen Freund Fukumaru-san, der mich zu Händlern und Sammlern führt. Ich wage den Versuch, mich in die Ästhetik, die Fertigung und die Faszination der japanischen Teekeramik zu vertiefen. In den Galerien ist man zuerst skeptisch, wir haben uns ja auch nur die hochrangigsten ausgesucht. Im Vorraum ziehe ich jeweils meinen Ehering ab, um die Teeschalen durch das Metall nicht zu beschädigen. Diese kleine Geste der Vorsicht und Ehrerbietung öffnet so manche Schiebetür, hinter welcher bei einer Tasse Grünem Tee diejenigen Objekte präsentiert werden, die wohl zur Oberklasse gezählt werden dürfen.

Meine Augen sehen, meine Augen prüfen. Ich verlasse den Sehsinn und übergebe mit geschlossenen Augen an den Tastsinn. Die Hände umschlingen, die Finger spüren. Aber was? Mein japanischer Lackmeister hat mich vor vielen Jahren und mit viel Geduld gelehrt, wie man eine hauchdünne Lackoberfläche mit Holzkohle und Wasser perfekt schleift, indem man ab und zu die Augen schließt und fühlt und hört. Und es funktioniert!

Die Augen sehen eine Teeschale und wenn man Glück hat, nimmt man eine schöne Form wahr, eine Glasur, Material, Lichtreflexe. Die Signatur am Boden ist erst einmal zweitrangig, sie kann einen Eindruck nur unterstreichen, sollte ihn aber nie bestimmen. Die Hände sind es, die den „Betrachter“ dazu bringen, tiefer und intensiver in die emotionale Bewertung eines solchen Kunstgegenstandes vorzudringen. Ist es überhaupt ein Kunstgegenstand? Ist es nicht nur ein Behältnis, aus dem man früher – und vielleicht heute noch – guten Grünen Tee trinkt? Nein, es ist mehr als ein Behältnis. Es ist ein Stück Kultur, es ist erdig, es ist von Hand geformt, aus Erde, Feuer, Wasser und Luft entstanden. Man hält zahlreiche Teeschalen in den Händen, man fühlt, man spürt, man entscheidet für sich ganz alleine, „welche einem liegt“, mit welcher man sich am meisten verbunden fühlt.

Zum Abschluss des Tages sind wir mit einem Sammler verabredet. Wir treffen uns in einem kleinen Restaurant, reden, nähern uns an. Schließlich wird mir von ihm eine Frage gestellt, welche mich auch bei anderen japanischen Themen bis heute immer wieder einmal verfolgt: „Interessieren Sie sich für ein schönes Objekt, für ein Regal, oder interessieren Sie sich für ein Stück japanischer Seele?“

Tja, kann man als „Lang-Nase“ diese Frage überhaupt beantworten? Hat man dazu das Recht? Oder wird da etwas hochstilisiert, um es bedeutender zu machen, als es vielleicht ist?

Die Kultur Japans ist ein Buch mit sieben Siegeln, das europäische Verständnis dafür meist oberflächlich. Vieles unterliegt einer Modeerscheinung, war oder ist im Trend, weil sich viele damit auseinandersetzen – oder zumindest so tun. Es gibt heute Sushi im Kühlregal des Supermarktes, fast überall auf dem Globus. Viele gegossene Stein-Buddhas verzieren neben dem Gartenzwerg die kleinen spießbürgerlichen Vorgärten, Grüner Tee wird mit Zucker und in den unterschiedlichsten Geschmacksvariationen getrunken. Zen ist cool, man befasst sich mit etwas „Fremdem“, genauso wie man mit Meditationsmusik im Kopfhörer durch den Wald joggt, ohne überhaupt an die dortigen natürlichen Geräusche zu denken…

Nein, die japanische Seele auch nur entfernt kennenzulernen oder gar zu verstehen, ist extrem schwierig, spannend, schön und langwierig. Es kann nicht dadurch funktionieren, dass man sich eine noch so teure Teeschale ins Regal stellt. Die japanische Seele muss bereit sein sich einem zu öffnen, es gibt keinen Schlüssel dafür.

Was lernen wir aus einer Teeschale? Die Form, die Farbe, das Gefühl in der Hand? Wenn wir Glück haben – ja. Es geht aber um das Ganze, das Umfeld, die Tradition, die Kultur. Wie viele Elemente sind es, die uns zu einem besseren Verständnis einer Teeschale führen? Ist es das wohl temperierte Wasser, das grasig riechende Teepulver, der schlanke Teelöffel aus Bambus? Oder ist es der Wasserkessel, das Holzkohlebecken, die Textilie, in welcher das chaire aufbewahrt wird? Oder die dünne Goldbeschichtung auf der Unterseite des Deckels aus Elfenbein, mit welchem das chaire geschlossen wird, damit das Aroma des Teepulvers bewahrt wird? Oder sind es die im Teeraum den Jahreszeiten entsprechend präsentierten Rollbilder, die Ikebana-Reduktionen, das unbehandelte Holz des Raumes mit dem asymmetrischen Fenster?

Ein traditioneller Teeraum wird häufig in stark gebückter Haltung betreten – oder besser noch: bekrochen, ein Zeichen der Demut, der Entschleunigung, des Respekts. Wahrscheinlich ist es nur dieser Respekt, mit welchem man sich einer Thematik wie der der traditionellen Teezeremonie nähern sollte. Respekt, der den Betrachter zuerst einmal auf Distanz hält; eine Distanz, die vor allem heutzutage erforderlich ist, um sich ruhig und ohne den täglichen Stressfaktor mit etwas auseinanderzusetzen. Und schon ziemlich früh wird man feststellen, dass sich einem die Formen, Funktionen und schlichten Elemente des Gesamtkosmos‘ Teezeremonie von ganz alleine öffnen. Man versteht die Eleganz eines scheinbar einfachen Teelöffels, die Schönheit des Knotens an einem Textilbeutel, die Schlichtheit eines Holzbehälters, die Kraft einer Teeschale. Wie tief man einsteigt ist jedem selbst überlassen, ist der japanischen Seele überlassen und ihrer Bereitwilligkeit, sich jemandem zu öffnen.

Die Ausstellung „Schönheit der Stille – die Ästhetik der japanischen Teezeremonie“ im Museum für Asiatische Kultur in Hollenstedt präsentiert ausgewählte Objekte aus vielen Jahrhunderten, aus vielen Materialien, mit vielen Verwendungszwecken. Von der kulturell extrem bedeutenden Teeschale bis zum Teebesen aus dem (japanischen) Supermarkt, vom Rollbild bis zum Lackobjekt. Die Ausstellung lädt den Betrachter ein, sich selbst ein Bild davon zu machen, warum die traditionelle japanische Teezeremonie wirklich ein Stück der japanischen Seele darstellt und warum es gerade in den heutigen, von Hektik und negativen Schlagzeilen gebeutelten Zeiten so wichtig sein kann, sich auf etwas zu besinnen was Ruhe bedarf, entschleunigt und einen kleinen Teil einer für viele immer noch sehr fremden Kultur ausmacht, die unser aller Respekt verdient.


Götter-Schmiede – Balinesische Zeremonialklingen im kulturellen Kontext

Dauer: bis Mitte November 2016

Sommer 2015. Der Balinese Ketut holt mich ab, mit dem alten Moped, wir fahren barfuß in FlipFlops über Straßen, welche diese Bezeichnung nicht wirklich verdient haben, ins Hinterland. Wir treffen Menschen aus unterschiedlichen Generationen, die aus unserer westlichen Sichtweise in ärmlichen Verhältnissen wohnen und den „Riesen aus dem Westen“ mit der für Bali typischen Herzlichkeit willkommen heißen. Ketut stellt mir einige von ihnen vor, sein Vater ist auch dabei. Wir trinken einen sehr starken und süßen Kaffee und warten auf die Person, die als einzige im Dorf das Recht hat, den heiligen Schrein zu öffnen und die darin aufbewahrten Ritual-Objekte zu berühren. Gemeinsam begeben wir uns zu einem kleinen Häuschen, zwängen uns durch einen engen Gang zu einer Holztür. Diese wird geöffnet, und wir betreten ohne Schuhe einen Raum, welcher lediglich von einer schwachen Glühlampe beleuchtet wird. Alles ist von einer dicken Staubschicht bedeckt, Spinnweben umranken die Gegenstände und Gemälde, es riecht streng nach Weihrauch, Kräutern und Ruß. Nach einer kleinen Zeremonie wird der Schrein geöffnet, und voller Stolz und mit einem tiefen Leuchten in den Augen wird mir die abgebrochene, heilige Lanzenspitze gezeigt, welche schon seit vielen Generationen das Dorf und seine Einwohner beschützt. Hinter mir stehen Kinder und Jugendliche, neugierig betrachten sie, wie ich die Situation mit der Kamera festhalten darf.

Als wir alle am Dorfplatz sitzen, erklärt mir Ketut, dass in seinem Dorf, in dem er mit seiner Familie wohnt, die Objekte aus dem Schrein verkauft wurden, da sich niemand mehr um die Zeremonien kümmern kann, und die jungen Menschen alle die ländliche Gegend verlassen. Vor Jahren hätten die Fischer das Land am Strand an westliche Immobilienmakler verkauft, wodurch sie jetzt aber mit ihren Booten keinen Zugang mehr zum Meer haben …

Genau diese Erfahrungen sind es, welche die Dringlichkeit der Arbeit der Stiftung IFICAH – International Foundation of Indonesian Culture and Asian Heritage unterstreichen. Die Bewahrung von Kultur, Sozialstrukturen, Objekten und Traditionen gerät zu Beginn des 21. Jahrhunderts in vielen Bereichen der Erde – auch hier bei uns im „gesättigten Westen“ – immer mehr in den Hintergrund. Aber genau diese Strukturen sind es, die für eine Gesellschaft eine Basis bilden, mit der sie sich auch noch über viele kommende Generationen identifizieren können. Miteinander kommunizieren, sich gegenseitig respektieren oder nur zusammen einen viel zu süßen Kaffee trinken und sich anlächeln, kleine interkulturelle Begegnungen und kleine Schritte für ein offenes globales Miteinander.

Die Ausstellung „Götter-Schmiede – Balinesische Zeremonialklingen im kulturellen Kontext“ geht durch die Präsentation der Objekte und die begleitende Publikation einen dieser Schritte, um einem breiten Publikum eine oft unbekannte oder vergessene Kultur und die damit verbundenen (kunst-)handwerklichen Fähigkeiten näher zu bringen.